working Lesedauer: 15 min Erscheinungsdatum: 13.10.2021

ARBEITEN IN ÖSTERREICH - (UN)BEZAHLTER URLAUB UND FREISTELLUNGEN

© Stadt Villach | Karin Wernig
Familie liegt in einer Wiese des Drauufers

In Österreich genießt man einige der umfassendsten Sozialleistungen in Europa, vor allem wenn man Kinder hat. In den vergangenen Wochen haben wir unsere Blogpost-Reihe zum Arbeiten in Österreich vorgestellt und die Themen “Gesetze und wichtige Organisationen” sowie alles über “Verträge, Löhne und Gehälter” erläutert. Im dritten und letzten Teil unseres Leitfadens geben wir einen Überblick über die verschiedenen Arten von Urlauben und Freistellungen, auf die Arbeitnehmer:innen in Österreich Anspruch haben.

 

URLAUB & SONDERURLAUB

Alle in Österreich beschäftigten Personen, auch Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte, haben Anspruch auf 5 Wochen (25 Tage) bezahlten Urlaub pro Jahr - bezogen auf eine 5-Tage-Woche. Ab dem 26. anrechenbaren Arbeitsjahr erhalten Arbeitnehmer:innen eine zusätzliche, sechste Urlaubswoche. In jedem neuen Job, den man antritt, bauen sich die Urlaubstage, auf die man Anspruch hat, proportional auf. Das bedeutet, dass man beispielsweise nach einem Monat Arbeitszeit Anspruch auf zwei Urlaubstage hat. Es bedeutet aber auch, dass ein neuer Arbeitgeber/eine neue Arbeitgeberin keinen langen Urlaub genehmigen muss, wenn man erst kurz im Unternehmen tätig ist. Alle Urlaubstage müssen außerdem zeitgerecht zwischen den Arbeitnehmer:innen und den Arbeitgeber:innen vereinbart werden.

Des Weiteren haben alle in Österreich beschäftigten Personen Anspruch auf sogenannten Sonderurlaub. Der (bezahlte) Sonderurlaub beträgt in der Regel ein bis drei Tage und wird bei besonderen Ereignissen wie einer Heirat, einem Todesfall im engsten Familienkreis, einem Umzug oder der Geburt eines Kindes gewährt.

 

MUTTERSCHUTZ & ELTERNKARENZ

Mindestens acht Wochen vor und acht Wochen nach einer Geburt besteht in Österreich der Mutterschutz - auch Schutzfrist genannt. In dieser Zeit erhalten Frauen ein Wochengeld, das dem durchschnittlichen Einkommen der 13 Wochen zuvor entspricht, und dürfen nicht mehr beschäftigt werden. Des Weiteren gilt davor schon ein Kündigungsschutz in der Schwangerschaft - sofern ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vorliegt. Sobald eine Frau ihre Schwangerschaft bekannt gegeben hat und während der gesamten Dauer des Mutterschutzes und der Karenzzeit, darf sie nicht mehr gekündigt werden und das unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft, der Dauer des Dienstverhältnisses und dem Ausmaß der Beschäftigung, sprich der Arbeitszeit.

Nach der Geburt eines Kindes und nach Beendigung des Mutterschutzes haben in Österreich dann beide Elternteile Anspruch auf eine Arbeitsfreistellung und müssen sich dabei keine Sorgen machen, ihren Job zu verlieren - es beginnt die Elternkarenz, auch Elternzeit genannt. Alle Familien in Österreich haben in dieser Zeit das Recht, dass ein Elternteil zur Betreuung und Pflege des Kindes zu Hause bleibt, bis das Kind 24 Monate alt ist. In dieser Zeit darf dem Elternteil, welches sich um das Kind kümmert, nicht gekündigt werden. Derjenige Elternteil, der bei dem Kind zu Hause bleibt, erhält in dieser Zeit kein Einkommen, dafür aber das Kinderbetreuungsgeld. Eltern können selbst entscheiden, wie die Elternzeit aufgeteilt werden soll. Die Karenz kann zwischen den Eltern zwei Mal geteilt werden, das heißt, dass insgesamt drei Karenzteile zulässig sind (z.B. Elternteil 1/Elternteil 2/Elternteil 1). Jede Karenzzeit muss mindestens zwei Monate dauern. Bei erstmaligem Wechsel der Karenz können Eltern einen Monat lang gleichzeitig die Karenz in Anspruch nehmen, wodurch sich die Maximaldauer der Karenz um einen Monat verkürzt. Während dieser Zeit kann das Kinderbetreuungsgeld aber auch nur von einem Elternteil in Anspruch genommen werden.

© Christoph Pfeiler
Neugeborenes Baby
© WiDS | Thomas van Emmerik
Gefüllter Audimax der FH Villach
© Stadt Villach | Karin Wernig
Zwei Kinder spielen ein Würfelspiel

KRANKENSTAND & PFLEGEURLAUB

Wenn Arbeitnehmer:innen in Österreich erkranken, so steht ihnen ein bezahlter Krankenstand zu. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass man seine:n Arbeitgeber:in sofort über den krankheitsbedingten Ausfall informiert. Es ist außerdem unerlässlich, sich eine schriftliche Bestätigung über die Erkrankung bei einem Arzt/einer Ärztin ausstellen zu lassen, da der/die Arbeitgeber:in jederzeit einen Nachweis einer Erkrankung einfordern kann, wobei es dem/der Arbeitgeber:in natürlich nicht erlaubt ist, nach der genauen Art der Erkrankung zu fragen.

In Österreich ist es außerdem möglich, eine sogenannte “Pflegefreistellung” in Anspruch zu nehmen, um ein erkranktes Familienmitglied, das im selben Haushalt lebt, zu pflegen oder aber auch, um das eigene Kind (auch Pflege- oder Wahlkind) zu betreuen, wenn die zuständige Betreuungsperson ausfällt. Der maximale Anspruch auf Pflegeurlaub beträgt eine Woche pro Jahr, kann aber in Ausnahmefällen auf bis zu zwei Wochen ausgedehnt werden.

 

BILDUNGSKARENZ

Um sich trotz Berufstätigkeit eine Auszeit zur Aus- und Weiterbildung nehmen zu können, gibt es in Österreich die Möglichkeit der Bildungskarenz. Die unbezahlte Bildungskarenz muss beim Arbeitgeber/bei der Arbeitgeberin und dem AMS beantragt werden. Jedoch ist der/die Arbeitgeber:in nicht verpflichtet, die Bildungskarenz zu bewilligen. Die Bildungskarenz muss mindestens zwei Monate und darf maximal 12 Monate innerhalb von vier Jahren andauern um vom AMS gefördert zu werden. Weitere Details gibt es im Link oben nachzulesen.

 

CONCLUSIO

In wenigen Ländern der Welt gibt es so viel Unterstützung, Sozialleistungen und Möglichkeiten für Arbeitnehmer:innen und Familien wie in Österreich. Das ist bestimmt einer der Gründe, warum Österreich ein beliebtes Land für Auswander:innen ist. Wir hoffen, dass unser Leitfaden zum Arbeiten in Österreich einen guten Überblick über die wichtigsten Arbeitsgesetze, Verträge und Vergütungen und die verschiedenen Arten von Urlauben und Freistellungen gegeben hat. Die im Text beigefügten, weiterführenden Links helfen dabei, noch mehr über diese komplexen Themen zu erfahren.